Wolken schoben sich in unzählbaren Schattierungen von azur und grau durch die Troposphäre.
Gewittergeruch lag in der Luft und die Natur war außer sich, aus Vorfreude auf den kommenden,
lang ersehnten Regen. Die Straßen lagen leer aber nicht einsam vor mir, die Gedanken in mir sagten:
„Alle Wege führen heut ins Ziel!”. Gerade wollte ich dort an der großen Kreuzung, Richtung Bahnhof
die Straße überqueren, bei Rot, weil kein Auto sein Recht auf Vorfahrt einfordern wollte, da zuckte
der erste Blitz am Himmel. Und gleich darauf der Zweite. So schnell flog ein Stakkato aus Licht und
Elektrizität über den Wolkenvorhang, dass der Donner keine Zeit fand gleichzuziehen.
Bewundernden Blicks querte ich die Fahrbahn, immer ein Auge gen Himmel. Von weit oben vernahm
ich nun ein zweites Geräusch, hell, frisch, heilsversprechend nahte der Regen. Riesenhaft tropfte und
troff das Nass aus den Wolken, der Boden war durstig nach all der Sonnenzeit und die Wetter-
götter zeigten Gnade. Es war, als hätten Thor und Odin das erste Mal seit Jahrtausenden ihr Schweigen
gebrochen. Kein normales Unwetter wurde dort oben geboren, nein, es war das Urwetter schlechthin,
das sich in den Höhen austobte. So winzig ich mich eigentlich hätte fühlen müssen, ob meiner
unbedeutenden Größe im Spiel der Mächte, so großartig fühlte ich mich, weil ich dem Spektakel zusehen
durfte. Ich allein. Kein Mensch sonst.
Doch was war das?! Neideten die Götter mir meine Zuschauerrolle etwa? Rechts von mir, in einen der
wenigen Bäume dieser Stadt schlug ein Blitz ein, der den alten grünenden Zeitgenossen in zwei
Hälften spaltete. Rauch und Flammen fraßen am Kadaver, doch der Regen tat sein bestes, um die
Wunden nicht zu groß werden zu lassen. Zack, ein weiterer Blitz, noch näher dieses Mal, noch gleißender
und heißer als zuvor. Angst machte sich breit in meinem Herzen.
Zeit zu gehen schrie es laut in mir. Eile! Zu spät. Ein flüstern nur, ein Satz der sich trotz all des Lärms in alles bohrte.
Von oben herab sah ich das Licht auf mich zu rasen. Konnte nicht ausweichen und wunderte mich
noch, wieso ich überhaupt etwas von all dem wahrnahm. Die Zeit selbst streckte sich und zerrte
an ihrem Netz, dünnte ihr Flussbett aus, damit ich darüber hinweg laufen konnte. Ganz langsam
kam der Lichtbogen herab. Direkt neben meinen Füßen schlug er ein, umringt von einem Reigen bunter
Regentropfen, die so groß waren, wie Goldfischgläser. Und darin schwammen allerlei bunte Fisch-
lein, in Neonfarben glänzend, lebendig und weit weniger statisch wie der Rest der Welt. Vorsichtig
umrundete ich die Stelle, an der der Strom den Boden durchschlagen hatte, sah zu wie ein feines
Gespinst aus Elektronen und ionisiertem Gas sich seitlich ausstreckte und nach mir leckte.
Als es mich berührte und umhüllte traf mich der Schlag von tausenden Ampere und riss meinen Leib
wieder in die Realität. Und in die Finsternis.