Ein Tag am Meer – 8 Grad 30 Minuten Nord, 31 Grad 24 Minuten Ost

Es war noch einige Stunden vor Sonnenaufgang, doch ich wollte vor den anderen am Meer sein, um die Stille zu genießen und natürlich wollte ich den besten Platz für mein Handtuch ergattern. DA ich keine Lust hatte, die 15 km zu Fuß zu gehen, schnappte ich mir den Buggy, der vor der Tür parkte. Dass der Schlüssel steckte wunderte mich gar nicht. In dieser Gegend hier kam es nie zu Diebstählen und auch ich hatte natürlich die Erlaubnis, das Fahrzeug auszuleihen. Die Hotelleitung hatte es uns schließlich extra für diesen Zweck zur Verfügung gestellt! Das bisschen Gepäck passte locker hinter die Sitzbank.

Da es hier nicht mal befestigte Straßen gab, schlug ich einfach den direktesten Weg zu meinem Ziel ein. So konnte ich Zeit sparen und Spaß machte es allemal. Naja, bis auf das eine Mal, als sich der Schatten einer Düne als ziemlich großes Stück Fels zu erkennen gab und ich fast einen Unfall hingelegt hätte. Wer weiß, wie die Jungs gelacht hätten, wenn ich nicht noch rechtzeitig die Kurve gekriegt hätte. „Ed,…” hätten sie gesagt, „Ed, damit kommst du ins Guinness Buch der Rekorde. Mindestens!”. Aber glücklicherweise war der Buggy ziemlich wendig und ich nicht sonderlich schnell unterwegs.

Hinter mir zeigten sich bereits die ersten Sonnenstrahlen, aber bis zu meinem Ziel war es nur noch 800 Meter und aus der Ferne zeigte sich ein komplett leerer Strand. Perfekt! Ich parkte etwa 100 Meter davor in einer kleinen Mulde, die das kleine Gefährt gänzlich verschluckte, packte meinen Kram und stapfte den Rest zu Fuß durch den tiefen Sand, während ich die Gegend nach einem guten Flecken absuchte. Lange dauerte es nicht, bis ich meine Wahl getroffen hatte. Das Handtuch in der einen Hand und einen Sonnenschirm in der anderen, nahm ich mein Stück Strand in Besitz.

Nachdem ich den dünnen Aluminiumstab des Schirms in den Boden gerammt hatte, breitete ich das große Badetuch auf dem dünnen Schatten darunter aus. Bisher war es immer noch nicht richtig hell geworden. Nennt mich pathetisch, aber als ich das Muster des Handtuchs so vor mir ausgebreitet sah, packte mich Heimweh. Ich glaube so geht es jedem Amerikaner, wenn er die Flagge seines Landes sieht.

Um die Sache jetzt perfekt zu machen, hätten nur noch ein Bierchen und ein paar Würstchen vom Grill gefehlt, aber daran war leider nicht zu denken. Und bevor sich der Ärger darüber richtig breit machen konnte begann das Schauspiel – die Sonne ging auf. Jetzt war das nicht so ein läppischer Sonnenaufgang, wie in der Karibik. Nein, das hier war mit nichts zu vergleichen. Das Licht erschien so unvermittelt, wie eine Glühbirne aufleuchtet, sobald man den Schalter drückt. Und so schön der Anblick auch war, ich wusste, dass der Doc mich für das hier mindestens 20 Stunden extra im Fitnessraum schwitzen lassen würde. Schließlich wurde das Licht zu grell und ich konnte nicht mehr ungeschützt hineinblicken. Mit einem Klicken rastete mein Sonnenschutz ein.

Nachdem ich noch ein paar weitere Augenblicke dem spektakulären Anblick zusah, drehte ich mich zu meinem Kram und begann mich umständlich auf das Handtuch zu drapieren. Ich kann euch sagen, dass hört sich leichter an, als es ist. Viel Zeit blieb mir nicht mehr, bald würden sie mich suchen. Also genoss ich diese verbleibende Zeit in nachdenklichem Schweigen.

Viel zu früh knistere mein Funkgerät. „Hey Buzz! Wo bleibst du nur, Junge?!” tönte die Stimme von Neil aus dem Kopfhörer. „Buzz? Komm endlich rein, wir haben grad Nachricht von Daheim. Es geht zurück.”

Seufzend rappelte ich mich hoch, mein Handtuch und den Schirm ließ ich hier. Ein ganz privates Andenken und eine Erinnerung, die sicher weit wirkungsvoller wäre, für die zukünftigen Gäste hier oben. „Bin unterwegs.” Antwortete ich knapp. Schweigend und ein klein wenig traurig ging ich zurück zum Buggy. 20 Minuten später war ich wieder zurück. Vor der Türe geschäftiges Treiben. Neil und Michael hatten schon fast alles verstaut und überprüft. Was für ein schöner Tag um Abschied zu nehmen, was für ein herrlicher Tag am Mare Tranquillitatis, what a happy day on the moon. „Neil? Erinnere mich doch bitte daran, ein neues Handtuch zu kaufen, ja?“

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