Seelenkuchen

Ich weiß es nicht, stelle aber immer wieder die Behauptung auf, dass Sie gerne backt, tut Sie es doch mit einer Leidenschaft, um die ich Sie beneide. Vielleicht sind es die Zutaten, oder die Art, wie Sie sie vermischt. Denn jeder Ihrer Kuchen schmeckt anders. Es sind eigentlich Kunstwerke, denke ich. Gemacht für einen Augenblick mit Sahne oben drauf. Und einer Tasse Kaffee.

Immer wenn Sie backt, dann gleiten ihre Gedanken an einen Ort, den Sie nicht mit mir teilen kann. Dort toben Gefühle, wie Wirbelstürme und manchmal strahlt die Sonne dort, als müsse sie sich keine Sorgen machen, dass diese Welt jemals verdursten könnte. Wahrscheinlich liegt dort das Geheimnis ihrer Backkunst. Gewürze die in so außergewöhnlichem Klima gedeihen müssen einfach exquisit schmecken. Ohne es zu ahnen würzt sie ihre Kreationen damit. Manchmal lächelt Sie so voller Glück, dass der Teig vor ihr ohne Hefe aufgeht und Ihre Crème brûlée würde dann lieber platzen vor Freude, statt in sich zusammen zu fallen.

Aber es gibt auch die andere Seite. Dann ist Sie so traurig, dass Sie ihre Quarkkuchen direkt aus Milch machen kann, weil diese stockt und von ganz alleine sauer wird. Und alles hat dann einen leichten Hauch Muskat und Bitterkeit. Ja, ich beneide Sie, um dieses ungewöhnliche Talent. Wenn andere Tag für Tag um Ausdruck bemüht sind, ihre Gefühle und Gedanken aber in Glashäuser pferchen, wo sie ihre Nasen platt drücken und sich an den Rissen im Glas selbige blutig schneiden, so dass sie nur aussehen wie Clowns –  in diesen Momenten backt meine Liebe ihre Kuchen, bei 190 Grad und nach dem letzten Schluck Kaffee kann sie schon wieder fröhlich sein.

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