Nachts sind nicht alle Katzen grau

Und nur das Maunzen oder Bellen hilft einem wirklich weiter. Ich mag die Nacht, denn sie hilft den Augen im Kordon der Sinnesorgane zurück zu treten, ihre Vorreiterrolle zu durchbrechen und einfach mal Fünfe gerade sein zu lassen. Eine Welt ohne Farben, wie man sie im grauen Rauschen der Nächte findet, schärft nicht nur die Ohren. Es ist herrlich zu sehen, wie vorsichtig ein Fuß auftreten kann, wenn die reele Chance besteht, dass man auf ein herumliegendes Ding tritt, von dem man vorher nicht das geringste ahnte. Für besonders geübte Nachtgänger bietet diese Phase der Wahrnehmung immerhin noch eine hervorragende Gedächtnisübung. Habe ich nun den Teller mit dem Nachtschmaus da oder eher dort hingestellt? Und das Glas für die Milch? Würde man soetwas ernsthafter betreiben, 50% der Mnemo-Berater wäre auf Dauer arbeitslos.

Sogar die Ohren erhalten durch einen nächtlichen Spaziergang einen unerwarteten Nebennutzen. Zeichnen sich Hindernisse von gewisser Größenordnung doch auch durch eine besondere schallreflektierende oder -schluckende Wirkung aus. So kommt man mit schlafwandlerischer Sicherheit von einem Ende des Hausgangs zum anderen, ohne sich die Schulter an der Raufaserfarbe aufzuschürfen oder mit einem unerwarteten Türstock zu kollidieren. Die Fledermaus hats vorgemacht.

Wenn ihr also demnächst im Finsteren steht und euch wundert, warum die Knöchelchen in euren Füßen, von denen ihr sonst nie etwas wahr nehmt, plötzlich so laut knacksen, vielleicht, aber nur vielleicht, macht ihr euch dann einmal die Mühe euer eingeschränktes Wahrnehmungsspektrum mit dem zu ergänzen, das ihr sonst getrost ignoriert.

2 Gedanken zu „Nachts sind nicht alle Katzen grau

  1. Nun, bei uns gibt es schon seit über 100 Jahren Straßenbeleuchtung. Und das fast flächendeckend. Selbst wenn man ins Dunkle entkommen wollte, wäre es fast aussichtslos. Jedenfalls ohne größere Fahrstrecken aufsichzunehmen. LG tinius

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