Autos und Menschen

Menschen binden sich an die verrücktesten Dinge. Gerade hier in Deutschland lieben die Menschen ihre Statussymbole oftmals mehr, als ihre eigenen Kinder. Ich hatte zum Beispiel früher einen Kollegen, der zwar verheiratet war, dem das Thema Familienplanung aber so gar nicht lag. Seiner Gattin übrigens auch nicht.
Für die beiden war es viel wichtiger, zwei Mal im Jahr in die Welt hinaus zu reisen und mehrere teure Räder zu besitzen. Was für die beiden ihre körperliche und ästhetische Selbstverwirklichung war, ist für einen großen Teil der Deutschen die Wahl des richtigen Autos.

Ich schätze diesbezüglich bin ich sehr ambivalent eingestellt. In meinem noch recht kurzen Leben als Autofahrer besaß ich drei Fahrzeuge, die Autos meiner Eltern und mein Motorrad nicht mitgerechnet. Eines davon starb eines durchaus furiosen und gewaltsamen Todes, bei dessen Verlauf ich ziemlich weit durch die Luft segelte. Alle anderen ließen mich nach einem enttäuschend kurzen Leben einfach im Stich.
Inzwischen bewege ich mich abseits der in PS oder Kilowatt messbaren Leistungsklassen. Sogar mein Motorrad hat dieses Jahr gerade mal den Weg aus dem Winterquartier bis zu mir nach Hause geschafft.
Trotz allem traue ich mir zu, den Charme eines schön gebauten Fahrzeugs wertzuschätzen. Und auch ich empfinde dieses Kribbeln im Nacken, bei der Vorstellung eines dieser PS-starken Automobile zu fahren. Sich diesem Reiz zu entziehen fällt aber nur Männern tatsächlich schwer. Wenn ein Mann ein vernünftiges Auto kauft, dann denkt er in Kategorien, die einer Frau sehr befremdlich sein müssen. Nicht zuletzt deshalb baut Porsche jetzt Familienmodelle wie Panamera oder Cheyenne.

Leistungen jenseits der 150 PS werden so plötzlich zu einem Sicherheitsvorteil und die Surround-Sound Ausstattung mit integrierten Flachbildschirmen und DVD-Player ist natürlich in erster Linie dazu da, Kind und Kegel auf langen Strecken ruhig zu stellen. JUNGS! Winnie Pooh ist es egal, aus welcher Ecke des Fonds er seinen Honigtopf ploppen hört! Etwas mehr Ehrlichkeit stünde uns Männern hier gut zu Gesicht. Hand auf Herz, Kollegen: Manche von uns bestellen sich ihre Penisverlängerung im Sexshop und manche eben im Autohaus!

Ich erwähnte vorher ja schon das sogenannte schwache Geschlecht. Auch die Frauenwelt hat ihre Macken, wenn es um Automobilität geht, da besteht für mich kein Zweifel. Ich möchte jetzt nicht lauwarme Klischees aufwärmen. Frauen sind aber nun mal die umsichtigeren Autofahrer, denn Sie mussten sich nie im Sandkasten mit ihren Spielkameraden heiße Autoverfolgungsjagden liefern und auch die obligatorische Massenkarambolage blieb ihnen erspart. Aber genau dieser Umgang mit dem eigenen Fahrzeug und dem Fahrzeug des besten Freundes prägt uns Männer ungemein.

Weniger pragmatisch wird die holde Weiblichkeit, wenn es um den Animus in Machina, also den Geist in der Maschine geht. Ein Ford Fiesta wird dann plötzlich zu Flitzi, Blinki oder Buddy und eventuelle Funktionsstörungen werden ähnlich relaxt aufgenommen, wie der gebeichtete One-Night-Stand der besten Freundin mit dem eigenen Freund oder Ehemann.

Um diesem Problem zu begegnen, halten sich Frauen nicht etwa an die Kundendienstintervalle, sondern verwandeln das Innere ihres Gefährts, nein ihres Gefährten, in einen Ashram Schrein. Da hängen dann die verschiedensten Glücksbringer und Kuscheltierchen vom Rückspiegel bis hinab in die Kniekehle möglicher Beifahrer, an den Fenstern haften Henna-Tattoos aus Window-Color-Farbe und die Düfte an euren Lüftungsschlitzen tragen Namen wie Zitronengras-Myrrhe, Coconut-Freedom oder Erdbeer-Avocado.
In gleichem Maß, wie eure Fahrzeuge an Persönlichkeit gewinnen, nehmt ihr es persönlich, wenn die belebte Technik in Streik tritt.

Was mich persönlich angeht, so nutze ich seit vielen Jahren das AAL- oder leicht abgewandelt, das AFL-Prinzip und fahre die Autos anderer Leute, wenn ich mich nicht sogar einfach von anderen fahren lasse. Ich bin aber auch kein Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel. Nötigt man mir doch einmal auf, auf Bus und Bahn zurückgreifen zu müssen, dann gehe ich lieber per pedes ans Ziel, sofern es in akzeptabler Reichweite liegt.

Verspätungen im ÖPNV honoriere ich auch schon mal mit einem leise genuschelten „KITT? Kumpel, ich stecke hier in der Klemme. Hol mich raus!” in Richtung meiner Armbanduhr. Und wenn mich tatsächlich mal der Neid packt, beim Anblick einer Nobelkarosse oder eines Sportwagens, dann bin ich mir auch nicht zu schade sehr laut „AUTOBOTS! TRANSFORMIERT EUCH!” zu schreien und grinsend an den verdutzten Eigentümern vorbei zu gehen.

2 Gedanken zu „Autos und Menschen

  1. Verdammt, ich wußte, ich hätte mein Fahrrad noch mit Persönlichkeit ausstatten sollen. Moment, ich fange am besten mit pinkfarbenen (Rückspiegel-)Würfeln an. Und dann nenne ich es am besten… hmmm… *Schwarzer Blitz*! 😀

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